Dienstag, 2. März 2010

Die Berliner Mauer
städtebauliche und soziokulturelle Entwicklungen
in den Grenzbereichen


appl.morgenpost.de/bm_flash/21_Mauerfall/index2.html


„Die stärksten Brücken werden aus Steinen gefallener Mauern gebaut.“
Andreas Tenzer



Geschichte der Berliner Mauer

Planung der Mauer (1945 - 1961)
Nach 1945, dem Ende des zweiten Weltkrieges, kommt es zur Aufgliederung in die 4 Besatzungszonen durch die USA, die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich, wobei die Sektoren vorerst durch „imaginäre“ Grenzen getrennt wurden; sichtbar gemacht durch Farbmarkierungen und Pfl öcke. Diese sogenannte Demarkationslinie wurde ab 1946 durch sowjetische Einheiten bewacht und Grenzkontrollen durchgeführt. Nach der Währungsreform 1948 kommt es im darauffolgenden Jahr im sogenannten „Kalten Krieg“ zur Gründung der BRD in der Westzone und kurz darauf zur Gründung der DDR in der Ostzone.
Während im Westen durch den Marshall-Plan die wirtschaftliche1 Situation zu funktionieren scheint, sackt sie bei den Sowjets im Osten zusammen.


Aufgrund ihrer Länge von etwa 45 km war die bewachte Grenze trotzdem schwer zu kontrollieren, wobei die Leute immer wieder Schlupflöcher zur Flucht nutzten und sich illegal zwischen den Zonen bewegten. Außerdem wussten die Ostdeutschen die unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen und die Währungsreform zu ihren Gunsten zu nutzen.
Aus diesen Gründen kommt es daher 1952 zur ersten Schließung der Grenzen, was die erstmalige Errichtung von Zäunen bedeutete. Bereits in diesem Jahr überlegte der damalige Staatsvorsitzende Walter Ulbricht mit der SED eine noch massivere Abriegelung durchzuführen.



Mauerbau (1961/1962)
Diese Überlegungen wurden im Jahre 1961 zur traurigen Realität, wobei über Nacht die komplette Abriegelung der Grenzen zwischen der BRD und der DDR mit Hilfe von 15.000 Einheiten beginnt. Bis dahin fl üchteten Schätzungen zufolge zwischen 2,5 und 3,5 Millionen Menschen vom Osten in den Westen - weg von der Unterdrückung der Kommunisten in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Ab der besagten Nacht folgen die Arbeiten zur Errichtung der vorderen Mauer, wobei auch Straßen- und U-Bahnstationen blockiert werden. Nach und nach beginnt die Länge der Mauer zu wachsen. Vorerstn „nur“ eine, im darauffolgenden Jahr eine zweite - die Hinterlandmauer - wodurch eine Pufferzone mit einer Breite zwischen ca. 40m und 100m entsteht.

Zeit des Mauerbestands (1963 – 1989)
Die Zeit während des 28 jährigen Bestandes der Mauer änderte für die dort lebende Bevölkerung recht wenig. Es wurden zwar teils Passierschein-Regelungen erteilt, welche zumindest beschränkt Besuchsmöglichkeiten ermöglichten, doch von Selbstbestimmung der „Reisenden“ kann keine Rede sein. Ganz im Gegenteil wurden die Grenzen immer noch mehr verschärft und dadurch Fluchtversuche unmöglich gemacht. Im Jahre 1965 werden die beiden ersten Mauergenerationen quasi generalüberholt (3. Mauergeneration). Die vierte und letzte Generation der Mauer begann 1975 mit einer erneuten kompletten Generalüberholung mit 3,60m hohen Betonelementen; die Mauer wie man sie heute von Bildern und Reststücken vor Ort kennt. Zusätzlich errichtete man Beobachtungstürme, alarmgesicherte Stacheldrahtzäune, welche bei Berührung automatisierte Selbstschussanlagen im „Todesstreifen“ auslösten.



http://appl.morgenpost.de/bm_flash/21_Mauerfall/index2.html


Einer der ehemals 302 Wachtürme entlang des 155 km langen Grenzstreifens. Die Wachtürme dieses Typs waren markanter Ausdruck des Ausbaus der innerdeutschen Grenze zu einem ständig „perfektionierten“ Todesstreifens. Heute sind in Berlin nur noch 3 dieser Türme erhalten.


Mauerfall (1989)

Durch wandelnde politische Verhältnisse und Abkommen einigte man sich am 9. November 1989 zur Aufhebung des Reiseverbotes für die DDR-Bürger, wodurch die Grenzen nach 28-jährigem Bestehen wieder erstmals geöffnet sind. Dies ist der Grundstein für die deutsche Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 und somit der schrittweise Abbau der Kontrollen und der Mauer. Diese wurde nach und nach gründlich entfernt und besteht heute nur noch bruchstückhaft an 34 Stellen, welche vor allem in den touristisch frequentierten Bereichen beliebte Sehenswürdigkeiten darstellen. Ein Jahr später, nämlich der 3. Oktober 1990 gilt als der Tag der deutschen Wiedervereinigung, einem Meilenstein in der folgenden Entwicklung Berlins. Als Erinnerung, wo die damalige Mauer verlaufen ist, wurde am Boden symbolisch eine Kette von Pfl astersteinen angelegt, welche sich vom Rest des Untergrundes optisch abhebt.


Bebauungspolitik in der DDR und der BRD
Nach dem Krieg waren in Berlin mehr als ein Drittel der Wohnungen zerstört und viele Menschen hausten in provisorisch hergerichteten Lauben, Baracken, Kellern oder auf Dachböden. Deshalb wurde während der Nachkriegsjahre vor allem versucht mit den vorhandenen Materialien die große Wohnungsnot zu beseitigen. In den 1950er Jahren wurden von beiden politischen Systemen der BRD und der DDR gewaltige Kraftanstrengungen unternommen um Berlin wieder lebensfähig zu machen.
Aus diesen Gründen stammt heutzutage jede sechste Berliner Wohnung aus der Zeit zwischen 1949 und 1961.

Städtebau in der BRD - Westberlin (Charta von Athen)
- polyzentrisch
- funktionale Gliederung
- hochverdichtete Innenstadt mit geringer Wohnfunktion


Von der Nachkriegszeit bis zu den 1960er Jahren
Durch die Spaltung der Stadt 1949 gab es in West-Berlin von heute auf morgen kein Zentrum mehr. Viele öffentliche Bauten und Verwaltungsgebäude befanden sich jetzt im östlichen Teil und verloren somit an der Zugehörigkeit im Westen. Deshalb war es notwendig ein Ersatzzentrum zu schaffen, welches um den Breitscheidplatz geschaffen wurde und im Europacenter ein neues Wahrzeichen der Stadt fand. In diesem Moment war es vor allem wichtig schnelle und billige Wohnbauten zu errichten, um die während dem Krieg zerstörten Bauten zu ersetzen, wobei sehr hohe Subventionen zur Verfügung standen. Zusätzlich sollte die neue Stadt autogerecht werden. Zur dieser Zeit entstand das Hansaviertel, welches als Musterbeispiel für das neue West-Berlin galt. Es entstand ein neu gegliederter Stadtplan. Der Sozialbau wurde stark gefördert, wodurch zahlreiche Siedlungen in viergeschossigem Zeilenbau mit Abstandsgrün entstanden, wie zum Beispiel Bebauungen auf der „Grünen Wiese“.
Ab den 1960er Jahren gab es einen Maßstabsprung. Es wurden vor allem Großsiedlungen wie die Gropiusstadt, das Märkische Viertel oder das Falkenhagener Feld gebaut. Zusätzlich begann man die historischen Gebäuden zu erneuern und zu sanieren.

Von den 1970er Jahren bis zum Mauerfall
In den 1970er/1980er Jahren war West-Berlin durch eine wirtschaftliche und demographische Stagnierung geprägt. Dies machte sich auch in der Baupolitik bemerkbar. Durch die „Ölkrise“ und die zunehmende Arbeitslosigkeit verloren auch der Städtebau und die Architektur ihren Schwung, wodurch viele Großsiedlungsprojekte aufgegeben wurden. Eines der wichtigsten Themen dieser Zeit war der Umgang mit den alten Mietskasernenstädten; der Frage ob sie abgerissen oder saniert werden sollten. Anfang der 1970er Jahre begann man mit der Sanierung der Mietskasernen. Zugleich wurden auch die ersten Baublocks der Nachkriegszeit errichtet. Die Bereiche Charlottenburg-Klausenerplatz sowie Kreuzberg-Kottbusser Tor wurden saniert.
Allgemein wurden teilweise Abrisse durchgeführt und teilweise kam es zu Neubauten. Wichtig für die städtebauliche Evolution West-Berlins war das „Europäische Jahr für Denkmalschutz“ im Jahre 1975. Ab diesen Zeitpunkt begann man den historischen Stadtkern großteils zu sanieren. Das Hauptziel war vor allem weniger Altbauten abzureißen und mehr Altbauten zu modernisieren, wie es im Gebiet von Kreuzberg-Chamissoplatz der Fall war.
Anfang der 1980er Jahren wurde das Sanierungsprogramm der Altstadt zu Gunsten der Erneuerung der Sozialbauten mehr oder weniger aufgegeben. 1978 wurde die IBA gegründet, eine Sonderbehörde neben der normalen Verwaltung, die ab diesem Zeitpunkt für die Städtebaupolitik verantwortlich wurde. Sie bestand aus zwei Teilen: die Altbau-IBA und die Neubau-IBA. Für den Umbau des Zentrums von West-Berlin wurden Projekte vorgeschlagen, die sich an den historischen Grundriss annäherten. Es wurden aber nur wenige von diesen Projekten wirklich realisiert - darunter die Schließung der Autospange vor dem Europacenter (Brunnenanlage), die Rekonstruktion des Elefantentores des Zoologischen Gartens samt Vorplatz, die Anlage des Los-Angeles-Platzes und die gestalterische Rekonstruktion von Stadtplätzen (Wittenbergplatz, Savignyplatz)


Städtebau in der DDR - Ostberlin (Charta von Moskau)
- monozentrisch
- monumentale Bauweise
- geringe Baudichte und funktionale Mischung in der Innenstadt


Von der Nachkriegszeit bis zu den 1960er Jahren
Mit der Gründung der DDR veränderten sich die Grundbedingungen für Städtebau und Raumplanung in Ost-Berlin. Der ganze Städtebau wurde vom Staat entwickelt, worauf es keine privaten Auftragsgeber mehr gab. Das Vorbild für die Architektur und den Städtebau war vor allem der stalinistische Stil und insbesondere der Moskauer Generalplan von 1935. Allgemein sollte die Stadt kompakter sein, sich auf das Zentrum konzentrieren und Monumental wirken. So zum Beispiel wurde die Allee „Unter den Linden“ historisch rekonstruiert. Die Stalinallee (heutige Karl-Marx-Allee), die im zerstörten Stadtteil des 19. Jahrhunderts erbaut wurde, bildete die neue Prachtstraße Ost-Berlins mit Stadtplätzen und monumentalen Arbeiterpalästen. Sie sollte die Macht und den Geist des Sozialismus widerspiegeln. Nach dem Tod Stalins veränderte sich die Städtebaupolitik in Richtung eines industrialisierten, wenig urbanen Städtebaus mit schmuckloser, moderner Architektur. Dies beeinfl usste auch den Städtebau in Ost-Berlin. Ab den 1960er Jahren versuchte man ein neues städtebauliches Konzept für das Zentrum zu fi nden. Die Idee eines zentralen Hochhauses als Machtzeichen des Sozialismus war mehrmals vorgeschlagen worden. Schlussendlich wurde der Entwurf von Hermann Henselmann angenommen, der für diesen Zweck den berühmten Fernsehturm am Alexanderplatz plante. Ende der 1960er Jahren wurde die gesamte Anlage des Alexanderplatzes neugestaltet. Der moderne Aufschwung macht sich auch im Siedlungsbau sichtbar. So entstanden mehrere Wohnanlagen wie entlang der Karl-Marx-Allee oder die Hochhäuser auf der Fischerinsel. Bis in die 1960er Jahren hatte der suburbane Raum keinen hohen Stellenwert in der Baupolitik Ost-Berlins. Erst ab den 1970er Jahren wurden große Wohnanlagen wie die Siedlung Fennpfuhl errichtet, die sich allerdings immer noch in der Nähe des Stadtzentrums befanden. Auffallend für die Ost-Berliner Baupolitik war die Vernachlässigung des Historischen Stadtkerns. Die Friedrichstadt wurde zum Beispiel nur teilweise wiederhergestellt.


Von den 1970er Jahren bis zum Mauerfall
Ab den 1970er Jahren sind vor allem eine qualitative Baupolitik im Zentrum und eine quantitative Baupolitik am Stadtrand zu beobachten. Dadurch entstand auch auf einer gewissen Art und Weise eine Gesellschaftliche Trennung der Bevölkerung. Es wurde mehr wert auf das historische Berlin gelegt, welches durch die 750-Jahrfeier Berlins gefördert wurde. Mit der östlichen Leipzigerstraße wurde eine moderne Variante der Stalinallee geschaffen. Das Schauspielhaus von Karl Friedrich Schinkel wurde rekonstruiert, die Rekonstruktion des französischen Doms wurde begonnen, die Wände des Platzes wurden mit Luxusplattenfassaden wieder aufgebaut. Das Nikolaiviertel – der im Krieg weitgehend zerstörte älteste Bereich von Berlin – wurde in freier Form neomittelalterlich rekonstruiert – mit einer touristischen Waterfront. Die berühmten Bauten Schinkels wurden großteils saniert.
Ab Mitte der 1970er Jahren, entstanden Großsiedlungspläne für den Stadtrand, die sogenannten Trabantenstädte, im Gegensatz zur der West-Berliner Baupolitik die zu dieser Zeit den Bau der Großsiedlungen einstellte. In den Trabantenstädten waren die sozialen Klassen gemischt. Marzahn, Hohenschönhausen und Hellersdorf sind solche Städte.

Städtebau nach dem Mauerfall
Im Jahre 1990 wurde Berlin wieder vereint und es ergaben sich logistische Probleme, denn es gab zwei Städte mit eigenen kulturellen, öffentlichen und staatlichen Einrichtungen. Es war sozusagen alles doppelt vorhanden: zwei Bahnhöfe, zwei Justizgebäude, zwei Stadien und so weiter. Weder Architekten noch Raumplaner waren darauf vorbereitet bzw. hat es diese Situation bis dato in dieser Art noch nicht gegeben.
Dass Berlin wieder Sitz der Regierung wird, war keineswegs sicher, was sich jedoch später als Tatsache herausstellte. Die Ernennung Berlins als Hauptstadt Deutschlands brachte bald wieder neuen Schwung in die Architektur. Es gab sehr viele Subventionen, denn das ganze Land war daran interessiert eine repräsentative Hauptstadt zu bekommen.
Die Stadtentwicklung nach dem Fall der Mauer lässt sich grob in drei Perioden teilen: in die Rauschperiode bis 1995, als das Wachstum Berlins grenzenlos zu sein schien, in die Ernüchterungsperiode zwischen 1995 und 2000, als kaum mehr neue Projekte angestoßen wurden, aber heftig um die Orientierung gestritten wurde und in die Stagnationsperiode 2000 bis 2006, als kaum mehr gebaut und auch nicht mehr richtig gestritten wurde. Seit 2006 lassen sich Zeichen eines erneuten Aufschwungs erkennen.
So wurden im Zentrum der Leipziger und der Potsdamer Platz, der Pariser Platz, der Spreebogen, die Spreeinsel und der Alexanderplatz neugestaltet, sämtliche Verkehrsanbindungen neugeplant. Am Stadtrand wurden gewaltige Wohnungsbauten gestartet und die Trabantenstädte erneuert.

Bebauungsstruktur

1953
Trotz der massiven Zerstörungen durch den 2. Weltkrieg kann man nach dem Krieg ein einheitliches Stadtbild von Berlin ablesen. Dies hängt auch damit zusammen, dass die zerbombten Gebäude an der selben Stelle meistens wieder aufgebaut wurden.
1984
Erkennen lässt sich, dass sich hier in den eingezeichneten Bereichen der Mauer keine Bebauung befand, obwohl manchmal auch die Grenze durch ein Haus verlief. Die Bebauung scheint nicht dichter zu sein, aber aufgrund des Wiederaufbaus geordneter. Die unterschiedlichen politischen Systeme brachten auch unterschiedliche Bebauungsstile mit sich.
2007
Die heutige Struktur im Überblick betrachtet zeigt eine sehr verdichtete und geordnete Bauweise im Gegensatz zu der Karte wenige Jahre vor dem Mauerfall. Sichtlich war dieser Abschnitt in Hinsicht bezüglich des Stadtaufbaus viel „ertragreicher“ als jener Abschnitt nach dem Weltkrieg bis zum Fall der Mauer.



Phänomene des Mauerbaus
Bezüglich der zuvor genannte sämtlichen Freifl ächen kann man den Bereich vom Brandenburger Tor Richtung Süden bis zum Potsdamer Platz und von diesem ausgehend Richtung Westen entlang des Tiergartens genauer betrachten. Situation vor dem Mauerbau 1953 war die dortige Bebauung noch relativ unspektakulär und rar. Ganz im Gegenteil, dieser Bereich östlich und südöstlich des Tiergartens sticht durch enorme Freifl ächen in dieser Zeit heraus, welche auf die Unterschiede zwischen historischem Stadtkern und der einstigen Vorstadt hinweisen. Zu dieser Zeit bestand auch noch der Potsdamer Bahnhof, welcher durch die Zerstörungen durch den Krieg jedoch bereits nicht mehr genutzt und in Folge dessen abgerissen wurde. Auch hier entstanden große Freifl ächen, welche sichtlich erst nach dem Mauerfall - gefördert durch die Vereinigungspolitik - wieder sehr stark verdichtet wurden.

Während des Mauerbestandes
Auch die Zeit des Mauerbestandes brachte hier wenig bis keine Bebauung, man kann blockweise sogar von einer Reduktion an Bestand sprechen, da vermutlich Gebäuderuinen beseitigt und die noch zu erhaltenen Gebäude saniert wurden.

Zeit nach dem Mauerfall
Der Bereich vom Potsdamer Platz Richtung Norden zum Brandenburger Tor hin stellt heutzutage einen touristisch hoch frequentierten Bereich dar, welcher durch architektonisch anspruchsvolle Akzente gespickt ist. So etwa stehen hier das Sony-Center am Potsdamer Platz, das Mahnmal der Juden von Peter Eisenman, sowie die daneben angrenzende DZ-Bank von Frank Gehry. Am Potsdamer Platz steht auch noch heute ein Teil der Berliner Mauer als Gedenkstätte. Auch nördlich vom Brandenburger Tor, nämlich am bestehenden Reichstagsgebäude wurde nachträglich noch der architektonisch interessante Kuppelbau installiert. Entlang dieser Achse haben sich auch zahlreiche Ministerien und Botschaften angesiedelt.

Vom Potsdamer Platz Richtung Westen entstand regelrecht ein Kulturforum, welches von der Berliner Philharmonie, der Staatsbibliothek (beide von Hans Scharoun), einigen Museen über die Neuen Nationalgalerien (Mies v.d. Rohe), der Gemäldegalerie bis hin zu einigen Botschaften und einem Wissenschaftszentrum reicht. Diese Konzentration solcher „Gebäudegenres“ auf so engem Bereich innerhalb eines sehr engen Zeitraumes zu errichten
verdeutlicht zusätzlich den Drang nach einer scheinbar verpassten Bebauung, wenn man im Gegensatz dazu die Zeit nach dem 2. Weltkrieg bis zum Mauerfall betrachtet. Dabei wurden sichtlich weltbekannte Architekten beauftragt diesen heutzutage sehr hoch frequentierten Bereich „aufzufüllen“. Offensichtlich wurden also diese Pufferzonen in der Zeit des Bestandes der Mauer im Bezug auf Bebauung bewusst vernachlässigt. Dies stellt das Phänomen der Berliner Mauer schlechthin dar, wobei hier die klare Grenzsituation ein „auseinanderdriften“
der beiden politischen Staaten in der Stadt bescheinigt und weiters das einst einheitliche Stadtbild Berlins zum Zerfall bringt.


Dieses Phänomen der Zweiteilung des Stadtbildes lässt sich auch besonders gut anhand des Bereiches um die Bernauer Straße ablesen, wo die Mauer als eine Achse exakt entlang dieser Straße verlief.

Situation vor dem Mauerbau
Wie aus der Karte von 1953 zu entnehmen ist empfi ndet man die Bebauung in diesem Gebiet als dörfl iche und eher zersplitterte Struktur mit einzelnen kleinen Einheiten im Gegensatz zur Struktur aus dem Jahr 1984. Tatsächlich sind dies jedoch Teilstücke von zerbombten Häusern, welche durch zu diesem Zeitpunkt noch scheinbar nicht wiederaufgebaut sind. Wie bereits zuvor erwähnt war auch hier ein einheitliches Stadtbild mit durchgängiger Bebauung vorhanden. Auch die erhaltenen Verkehrsachsen der Gründerzeiten sind dieser Karte zu entnehmen. Entlang dieser Straßen richtete sich die Bebauung immer wieder bis heute.

Situation während des Mauerbestandes
Die Bebauungsstruktur wirkt hier nicht mehr so kleinteilig, was an dem Wiederaufbau nach dem Weltkrieg liegt. Es wurden eben teils Bauten wieder an den selben Stellen errichtet, wobei infolge der Entstehung der Mauer und der unterschiedlichen politischen Systeme auch verschiedene architektonische Bauweisen angestrebt und realisert wurden.


Die BRD baute im westlichen Stil und schuf moderne Sozialwohnungen in Zeilenbauten während die DDR im sowjetischen Stil Blockrandbebauungen anstrebte. Daher wirkt die Struktur im Westen viel offener und ungeordneter als der östliche Teil, an welchem man recht klar die Facetten der Straßenzüge erkennen kann. Diese Kompaktheit zieht sich in diesem Bereich südlich der Bernauerstraße durch.

Nördlich der Bernauerstraße wohnen vor allem die gering verdienenden Einwanderer aus Ost-Europa und aus dem nahen Osten. In Spandau-Vorstadt (ist nicht Stadtteil Spandau!) wohnen dagegen eher gut ausgebildete Ärzte, Künstler und Anwälte aus ganz Europa. Diese zwei Stadtteile haben auf noch mehreren Ebenen wenig gemeinsam und die sozialen Unterschiede sind hier leider deutlich spürbar. Diese Tatsachen sind auf das Phänomen der sogenannten Gentrifi kation zurückzuführen, welche auch am Kollwitzkiez im südlichen Bereich des Stadtteiles Prenzlauer Berg ihre Spuren hinterlassen hat.

Die Gentrifikation

Definition
- Bauliche Aufwertung (Gebäudesanierungen und Neubauten, Wohnumfeld- u. Infrastrukturverbesserungen),
- Soziale Aufwertung (Zuzug von statushöherer Bevölkerung:
v .a. Besserverdienende, höher Gebildete, z.B. Yuppies, Studierende)
- Funktionale Aufwertung (Ansiedlung neuer Geschäfte u. Dienstleistungen,
qualitative u. quantitative Angebotsausweitung)
- Symbolische Aufwertung („positive“ Kommunikation über die Gebiete, Medienpräsenz, Schaffung von Landmarks, hohe Akzeptanz bei Bewohnern und Besuchern).

Gentrifikation in Berlin
Die Gentrifikation ist ein Phänomen, welches sich in Berlin durch den Bestand der Mauer und dem anschließenden Fall entwickelt hat. Vor der Wende gab es zwei verschiedene Stadtteile in Berlin, die sich aus architektonischer Sicht deutlich unterscheiden.
Dies machte sich im Stadtbild sichtbar. Im Osten befand sich vor allem der historische Stadtkern Berlins. Dieser blieb aber - aus politischen und fi nanziellen Gründen - während all dieser Jahre ziemlich unverändert. Im Westen dagegen, wo der Anteil an historischen Gebäuden viel geringer war, entwickelte sich ein neuer, moderner, repräsentativer Stadtteil (Europacenter).

Situation nach dem Mauerfall
Nach dem Fall der Berliner Mauer wird wieder versucht ein einheitlicheres Erscheinungsbild und eine Zusammenführung des ehemals entstandenen Abstandes wiederherzustellen. Die folgende Verdichtung setzte im Osten aufgrund des höheren Anteils an Freiflächen viel stärker zu. Die Zeilenbauten sind im Westen nicht mehr als solche klar zu erkennen und entwickeln sich Richtung Blockrandbebauung.

Auch die Straßenzüge in der Nord-Süd-Achse scheinen wieder langsam als Einheit zu funktionieren. Konkret angestrebt wird die Vereinheitlichung der Stadtteile durch einen 1999 geschaffenen Masterplan, dem „Planwerk Innenstadt“. Dieses sieht eine Überplanung der Stadt vor mit unter anderem an die Vorkriegszeit angelehnte historisierende Entwürfe. Dies macht sich auch im Bild des Bereiches der Pufferzone (einstiger Mauerbereich) bemerkbar. Hier kommt es aktuell zu einer starken Verdichtung.
Obwohl die Wiedervereinigung aus bebauungsstruktureller Sicht teilweise gelungen scheint, kann man in soziokultureller Hinsicht eine gegensätzliche Entwicklung mit einer Trennung der Gesellschaftsklassen erkennen. Und zwar bildet die Bernauerstraße heutzutage noch eine Abgrenzung, jedoch auf einer nicht sichtbaren Ebene. Es besteht eine soziale Grenze zwischen den beiden Stadtgebieten „Wedding“ im Norden und „Spandau Vorstadt“ (nicht zu verwechseln mit dem Stadtbezirk „Spandau!“).

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands waren die vernachlässigten alten Stadtteile Ost-Berlins aus wohnqualitativer Hinsicht nicht sehr bedeutsam. In diesen Gebieten wohnten vor allem Leute mit geringem Einkommen, sprich die gesellschaftliche Unterschicht, was sich jedoch ab ca. 1995 durch die Neuverordnung der Berliner Stadtpolitik änderte. Diese sah ein großes Sanierung- und Erneuerungsprogramm für diese Stadtteile vor, welches mit hohen Subventionen versehen war. Zahlreiche Investoren fi nanzierten neue Bauprojekte und änderten somit auch das Stadtbild Berlins, wodurch sich auch der soziale Status der Einwohner änderte. Die Mieten wurden immer höher und die ehemaligen Einwohner, die eher der Arbeiterklasse zuzuordnen waren, wurden unterschwellig aus diesen Vierteln „verdrängt“.

Heutzutage intensiviert sich dieses Phänomen immer mehr, wobei die Berliner Baupolitik nur ansatzweise versucht, dies zu verhindern. Vor allem in der Stadtmitte im Bereich „Spandau“ und „Rosenthal“ macht sich der soziale Wandel spürbar. Jetzt leben dort kaum mehr Leute von der unteren Schicht. In diesen Vierteln lässt sich ein sozialer Aufstieg der Gebietsbevölkerung sowohl an der Zunahme von Bewohnern mit Hochschulabschluss, als auch am Anstieg des durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommens ablesen.

Aber nicht nur die Bevölkerung verändert sich in solchen Gebieten, sondern auch die kommerziellen Einrichtungen. Alte Kneipen verschwinden zugunsten neuen exklusiven Design Bars und anstatt billigen Versorgungsläden erscheinen Biogeschäfte.
Das alles zeigt die „Gentrifikation“ in diesen Gebieten. Die Einwohner, die Einrichtungen, aber auch die Besucher dieser Stadteile ändern sich. Diese Entwicklung - auch „Yuppisierung“ genannt - verursacht eine soziale Trennung, was keine positiven Auswirkungen auf die gesunde Entwicklung der Stadt hat. Die Unzufriedenheit über die entstandenen Situationen
bezüglich der Gentrifi kation bleiben vonseiten der unterschichtigen, „vertriebenen“ Bewohner gegenüber der Stadtregierung nicht verborgen und werden mit zahlreichen Protesten „honoriert“.

Conclusio

Das Beispiel der Mauer mit seinen Auswirkungen auf die Architektur und die soziokulturellen Aspekte zeigt, wie zwei unterschiedliche politische Systeme in einem urbanen Kontext unmittelbar aufeinanderprallen und dadurch das städtische Gesamtbild nachhaltig prägen. Die Analyse über die Entwicklung der verschiedenen Bebauungsstrukturen Berlins von der Nachkriegszeit bis zum heutigen Zeitpunkt hat einige interessante Tatsachen hervorgebracht. Obwohl sich während der gesamten Zeit des Kalten Krieges zwei selbständige und autonome Städte mit eigenen politischen Systemen entwickelt haben waren sie auf einer gewissen Art und Weise doch von einander abhängig. Der Kalte Krieg drückte sich auf physische Weise in der Architektur der beiden politischen Staaten aus. Die Architektur war sozusagen das bestgeeignete Mittel um die Ideologien der beiden politischen Ansichten auf visueller Ebene darzustellen.

Wenn etwas gebaut wurde war es meistens immer ein Gegenpol auf Neubauten der anderen Seite. Wenn zum Beispiel auf Seiten der BDR soziale Wohnbauten, Hochhäuser oder öffentliche Anlagen geplant wurden konnte man davon ausgehen, dass bald auch dasselbe in der DDR passieren würde. Es war eine Art endloser Wettkampf - auch in architektonischer Hinsicht. Man kann also behaupten, dass nicht nur die Mauer als Grenze der Grund war weshalb Berlin zwei verschiedene Stadtbilder zeigte, sondern eher die Tatsache, dass sich zwei verschiedenen Systeme sich bekämpften.
Seit dem Fall der Mauer bemüht man sich vor allem die Unterschiede, die damals durch die Trennung entstanden sind, wie der zu minimieren. Dies wird durch Sanierungen und Neubauten versucht, um dem Berliner Stadtbild wieder ein homogenes und zusammengehöriges Erscheinungsbild zu geben.

Obwohl in den Bereichen, wo früher die Mauer verlaufen ist, sehr viel erneuert und gebaut worden ist, entstehen genau in diesen Teilen der Stadt neue soziologische Probleme wie das Phänomen der „Gentrifi kation“. Vielleicht war man der Meinung, dass der Fall der Mauer alles regeln würde, doch die Entwicklung hat gezeigt, dass die sozialen Unterschiede dennoch geblieben sind und hier ein Gleichgewicht zu schaffen nur sehr schwer möglich ist bzw. durch die aktuelle bebauungspolitischen Vorgehensweisen vorwiegend nicht im Sinne der dort lebenden Gesellschaft gehandelt wird.
Die Zukunft wird den Weg weisen, doch die Nachwehen der Mauer werden wohl noch Jahrzehnte dauern.

http://view.stern.de/de/picture/1466402/Berlin-schwarz-wei%DF-Berliner-Mauer-Ost---West-510x510.jpg

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen